31. Tonkünstlerfest 2024
Arnold Schönberg trifft Duke Ellington
Das Schaffen Arnold Schönbergs (1874-1951), dessen 150. Geburtstag wir dieses Jahr feiern, ist in der westlichen Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts einzigartig. Seine Entwicklung begann als spätromantisch-expressionistisch geprägter Komponist, der Werke wie „Pelleas und Melisande“ formulierte, durchlief eine zweite freiatonale Phase (z.B. den Zyklus „Pierrot lunaire“) und gipfelte schließlich in der Entwicklung der Zwölftontechnik. Mit dieser prägte er die zweite Wiener Schule, beeinflusste Generationen von Komponisten und legte den Grundstein für die Entwicklung der neuen Musik im 20. Jahrhundert. Gleichzeitig begehen wir den 125. Geburtstag (und 50. Todestag) von Duke Ellington (1899-1974), der auf der anderen Seite des großen Ozeans aufwuchs und der in seiner 50-jährigen Karriere, Schönberg nicht unähnlich, die Entwicklung des Jazz kompositorisch mitbestimmt und revolutioniert hat. Von seinen Anfängen als Schöpfer einer hippen neuen Tanzmusik im New Yorker Cotton Club der 1920‘er Jahre, entwickelte er sich zu einem seriösen afroamerikanischen Komponisten, der mit abendfüllenden Werken das Schicksal und die Geschichte der afroamerikanischen Menschen thematisierte („Black, Brown and Beige“) und mit seinen Suiten Shakespeares sowie New Orleans verarbeitete. In den religiösen „Sacred Concerts“ brachte er seinen Glauben zum Ausdruck. Kaum ein Jazzkünstler hat ein derartig vielfältiges und gleichzeitig markantes kompositorisches Werk hinterlassen wie Ellington.
Und nun stellen Sie sich vor, die beiden wären sich begegnet. Wie hätte sich ihr Schaffen nach einer solchen Begegnung verändert?
Dieser Frage wird im diesjährigen 31. Tonkünstlerfest nachgegangen. Es findet vom 15. bis 22. November diesen Jahres mit 10 Veranstaltungen an unterschiedlichen Orten in Sachsen-Anhalt statt. Auch verschiedene Uraufführungen von Mitgliedern des Verbandes werden wieder zu hören sein.
Die Eröffnung findet in gewohnter Tradition im Gesellschaftshaus Magdeburg mit der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie Schönebeck unter der Leitung von Jan Michael Horstmann statt. Das Eröffnungskonzert beginnt am 15. November um 19.30 Uhr. Schönberg legte mit seiner Zwölfton-Technik den Grundstein für die Entwicklung der neuen Musik im 20. Jahrhundert. Hiervon zeugen Werke wie das im Auftrag der Mitteldeutschen Kammerphilharmonie entstandene „Xenolith“ von Benjamin Schweitzer oder die Uraufführung eines vom Tonkünstlerverband initiierten Stückes von Axel Gebhardt. Dem 100. Geburtstag des Magdeburger Komponisten Dieter Nathow wird mit dessen „Simple Symphony“ gedacht und aus dem Blickwinkel Schönbergs reist die Kammerphilharmonie ins späte 19. Jahrhundert mit Gustav Mahlers „Liedern eines fahrenden Gesellen“, bei denen der Bariton Hans-Christoph Begemann als Solist gastiert. Er ist mehrfach preisgekrönt für seine herausragenden Aufnahmen der Lieder Schulhoffs, Rihms oder Schuberts.
Das Wochenende ist gefüllt mit Konzerten unterschiedlichster Couleur in Aschersleben, Halle und Stendal. Am Samstag, dem 16. November lässt das Schmuck-Trio, um 19 Uhr, in der Villa Westerberge in Aschersleben Kompositionen von Alban Berg, Anton Webern, John Cage, Duke Ellington und Karlheinz Stockhausen sowie eine Uraufführung von Jens Klimek lebendig werden. Das Trio Schmuck ist ein junges Ensemble mit Sayaka Schmuck (Klarinette), Mareike Neumann (Violine und Viola) und dem Pianisten Andreas Hering, das feinste Kammermusik auf höchstem Niveau bietet. Aufgrund der virtuosen Beherrschung ihrer Instrumente, verbunden mit inniger Liebe zur Kammermusik, verzaubern die drei preisgekrönten Musiker immer wieder ihr Publikum. Das Trio zeichnet sich durch sprudelnde Spielfreude, magischen Dialog und homogenes Zusammenspiel aus und führt charmant durch das Konzert. Sayaka Schmuck ist mit ihren Ensembles mit rund 80 Konzerten im Jahr auf den Konzertbühnen Deutschlands unterwegs, Mareike Neumann ist Geigerin im Beethovenorchester Bonn und Andreas Hering unterrichtet u.a. an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig.
Ebenfalls am Samstagabend, 16.11.24, aber um 20.30 Uhr im WUK Theater Quartier in Halle erklingt ein Jazzkonzert mit dem Jazzkollektiv Halle. Das Jazzkollektiv Halle vereint Musikschaffende und Jazzinteressierte, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Jazz und improvisierte Musik in Halle zu befördern. Mit zahlreichen Veranstaltungen und regelmäßigen Treffen bringen sie Schwung in die hallesche Kulturszene und bereichern das musikalische Leben der Stadt. Bastian Duncker und Albrecht Brandt gehen im Konzert der Frage nach: Ellington und Schönberg – zwei erst einmal völlig unterschiedliche Komponisten. Gibt denn etwas, was diese verbinden könnte?
Der Sonntag, 17. November, ist dem Nachwuchs gewidmet. Um 15 Uhr spielen in der Musik- und Kunstschule Stendal 14- bis 16-jährige Schüler und Schülerinnen in einem speziell dafür zusammengestellten Ensemble Kompositionen von Arnold Schönberg sowie einigen seiner Schüler, Werke von Duke Ellington und eigens für das Ensemble geschriebene Stücke von dem Komponisten Sebastian Bahr, der an der Musik- & Kunstschule Stendal als Lehrer arbeitet. Die Gesamtleitung hat Musikschulleiter Benjamin Ulrich.
Die bekannte Ausnahmepianistin Darya Dadykina ist am Montag, dem 18. November um 19 Uhr im Staßfurter Tilly-Saal zu erleben. Sie tritt bereits zum wiederholten Mal im Rahmen des Tonkünstlerfestes Sachsen-Anhalt auf. Ihr Programm "Wiener und Erben" ist eine Hommage an den Jubilar Arnold Schönberg und konzentriert sich auf die musikalisch-genealogischen Bezüge der Zweiten Wiener Schule mit Ausflügen in die Zukunft und in die Vergangenheit. Wie das Trio aus der „ersten“ Wiener Schule (Haydn, Mozart, Beethoven) haben drei Hauptvertreter der Wiener Moderne Alban Berg, Anton Webern und besonders „der Vater“ Arnold Schönberg einen starken Einfluss auf die Musik- und Kunstgeschichte. Bekanntlich sind die Verbindungen zwischen Lehrern und Schülern in der Musik sehr intensiv und manchmal sogar wichtiger als die familiären Beziehungen. In diesem Programm möchte die Pianistin diese mannigfaltigen Einflüsse für das Publikum nachvollziehbar machen.
Der Tonkünstlerverband sieht sich auch in der Verantwortung, dem jungen Publikum neue Musik zugänglich und verständlich zu machen. Daher finden am 18., 19. und 20. November jeweils in Zusammenarbeit mit Schulen in Stendal, Magdeburg und Aschersleben Konzerte für Schüler der Klassenstufen 8 bis 12 statt. Die Jazzband Thomas Walter Maria & Kapelle bringt den Schülern das Thema Jazz und die Musik Ellingtons nahe. Martha Benkendorf übernimmt die Moderation und vermittelt als Programmpädagogin spannende Hintergrundinfos zum Jazz und seiner Geschichte.
Eine feste Größe innerhalb der Tonkünstlerfeste der vergangenen Jahre ist die KonBigBand unter der Leitung von Mohi Buschendorf. Sie ist am 19. November um 19.30 Uhr im Thiem 20 in Magdeburg zu hören und befasst sich mit Arrangements und Kompositionen rund um Duke Ellington.
Die KonBigBand existiert seit 1999 und ist seitdem ein erfolgreich wachsendes Ensemble aus jugendlichen und erwachsenen Schülern. Der stetige Zufluss an engagierten und spielfreudigen Musikern sowie ihrer einzigartigen Persönlichkeiten verleihen der Band stets neue Impulse. Das Ensemble bleibt dadurch niemals stehen, sondern bildet einen Kosmos aus erfahrenen Mitspielern, die sich in Stilistik, Rhythmik und Repertoire bestens auskennen - und noch nicht so erfahrenen Mitspielern, die von den "alten Hasen" viel lernen können. Jung und nicht mehr ganz so jung spielen Seite an Seite Swing-Klassiker, Funkarrangements, Latinjazz, Popballaden, Blues, Soul, Rock und andere gängige Genres des Bigband Repertoires.
Ein Kleinod unter den Konzertstätten für Kammerkonzerte ist die Magdeburger Staatskanzlei. Hier gestalten am 20. November Christopher Jung (Bariton) und Jan Roelof Wolthuis (Klavier) einen Bariton-Abend rund um Arnold Schönberg und Hanns Eisler. Mit dem Gedicht „Erwartung“ und den Worten „Aus dem meergrünen Teiche“ von Richard Dehmel, das Arnold Schönberg noch ganz im spätromantischen Stil vertonte, beginnt der Liederabend. Er umfasst verschiedenartige Kompositionen, die vom Anfang des letzten Jahrhunderts bis in das gegenwärtige Jahr 2024 reichen. Emotionsgeladene musikalische Ausdruckformen und kristalline Wort-Tongebilde sind zu hören. Nach Auflösung der Tonalität durch die von Schönberg entwickelte Zwölftontechnik, die wie ein seismischer Schock wirkte und von Zuhörer:innen immer komplexere Höreindrücke abverlangt, suchen Komponist:innen bis heute nach neuen Formen, die diese Entwicklung einerseits nicht außer Acht lassen, gleichzeitig aber Ordnungs- und Formprinzipien einbeziehen, die jenseits der Strenge eine hohe Komplexität mit sinnlicher Ausdruckkraft verbinden. Lassen Sie sich überraschen.
Am 21. November tritt das neu gegründete Ensembe für zeitgenössische Musik in Halle im Händelhaus auf. Unter der Leitung von Jan Michael Horstmann erklingt unter dem „Motto Pierrot L. in New York“ ein stilistisch vielseitiges und farbenfrohes Programm. Pierrot lunaire – das sind expressionistische französische Gedichte im musikalischen Gewand von Arnold Schönberg – mystisch, elegisch, verzaubernd, witzig, grotesk, heiter - und dazu gesellen sich Werke aus dem 20. Jahrhundert, die die Instrumente in neuem Licht erscheinen lassen. Mitglieder des Ensembles sind Karoline Schulz - Flöte, Georg Wettin - Klarinette, Uta-Maria Lempert - Violine, Marcel Körner - Violoncello, Ronald Vitzthum – Kontrabass und Jan Michael Horstmann - Klavier. Undine Dreissig bereichert diese Besetzung mit ihrem Gesang.
Den Abschluss findet das reichhaltige und farbenfrohe Programm des diesjährigen Tonkünstlerfestes am 22. November in der Kathedrale St. Sebastian Magdeburg mit einem Konzert für Orgel und Chor. In heimischen Gefilden tritt der Magdeburger Kammerchor unter der Leitung von Mathias Vetter zum wiederholten Male im Rahmen des Tonkünstlerfestes auf. Die Eule-Orgel spielt Kathedralmusiker Matthias Mück. Näheres zum Programm soll bis zum Schluss ein Geheimnis bleiben.
Informationen und Kartenvorverkauf unter: 31. Tonkünstlerfest 2024
Veranstaltungsort(e)
An den Westerbergen 1
Veranstalter
Apothekergraben 6
Frau Beatrix Lampadius